Kreativität, Mythen
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Version vom 30. September 2013, 10:59 Uhr von Creapedia (Diskussion | Beiträge)
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Wie um jedes ernstzunehmende Erkenntnis-, Forschungs- und Praxisfeld, so ranken sich auch um Kreativität eine Reihe von Mythen und Legenden rund um den Begriff. Viele davon sind alt, werden aber bis auf den heutigen Tag gepflegt und halten sich hartnäckig, z.T. auch aus politischen oder wirtschaftlichen Interessen heraus.
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Legenden
Die bekanntesten Mythen und Legenden über Kreativität:
- Kreativität ist ein angeborenes Talent, man hat es oder nicht.
- Kreativität ist nur für Künstler, oder die aus der Werbung, sonst aber für nichts nutze.
- Kreativität lässt sich nicht trainieren.
- Kreativität ist nur individuell; sie ist nicht erklärbar und hat keine Struktur.
- Kreativität wird durch die Leistung zweier Gehirnhälften bestimmt, von denen die eine logisch-analytisch (Linkshirn), die andere phantasievoll-intuitiv arbeitet.
- noch tiefergehend: Die rechte Gehirnhälfte ist die kreative Hälfte.
- Angewandte Kreativität besteht nur aus Kreativitätstechniken.
Aktueller Wissensstand
Bei allen vorgenannten Aussagen handelt es sich um Mythen, die mittlerweile als schon lange widerlegt gelten. Der aktuelle Wissensstand ist im Einzelnen dazu Folgender:
- Jeder Mensch ist von Geburt an kreativ, wenn auch in Grad und Ausmaß unterschiedlich.
- Kreativität kennt viele Ausprägungs- und Erscheinungsformen, die jeweils ihre eigenen Ausrichtungen und Gesetzmäßigkeiten haben.
- Kreativität lässt sich, wie jede andere menschliche Fähigkeit auch aktivieren, entwickeln und trainieren. Dabei gelten die, auch für andere Bereichen, allgemeingültigen Trainingsprinzipien, wie: Vom Leichten zum Schweren. * Vom Einfachen zum Komplexen * Vom Bekannten zum Unbekannten * Effekte hängt von Reiz-Intensität, -Umfang und -Nachhaltigkeit ab.
- Kreativität als Fähigkeit ist heute besser erforscht als noch in den achtziger und neunziger Jahren; sie lässt sich in vielen ihrer Aspekte durch Psychologie, Neurologie, Pädagogik und weitere Wissenschaftsdisziplinen erklären und besitzt eine eindeutige Struktur. Darüberhinaus gibt es, wie bei jedem anderen Wissensgebiet auch, noch immer weiße Flecken und Bereiche, die sich heute noch einer wissenschaftlichen Begründbarkeit entziehen (z.B.: Synästhesiephänomen, Savants) und die erst in kommenden Jahren dank neuer Verfahren aufgeklärt werden können.
- Das Gehirn ist ein multidimensionales Organ, das zu vielfältigen, und bis heute noch lange nicht restlos geklärten Leistungen in der Lage ist; bewiesen ist aber z.B., dass beim Ausfall einer Gehirnhälfte die andere deren Funktionalität vollständig übernehmen kann, mithin die These einer einseitigen funktionalen Spezialisierung heute als widerlegt und veraltet gilt.
- Setzt man Kreativität GLEICH mit Phantasie/ Intuition, würde das Vorgesagte (nach der alten Lesart von zwei funktional klar unterscheidbaren Gehirnhälften) gelten; diese Aussage (s.vor) gilt heute als überholt! Darüberhinaus gilt heute als Wissensstand, dass Kreativität nicht nur phantasievolle, sondern auch strukturiert-konzeptionelle Fähgkeiten braucht, um wirken, sich entfalten und genutzt werden zu können. Mithin wäre die Aussage oben auch im Sinne des alten Split-Brain- (2 Gehirnhälften-) Ansatzes eine unzulässige und mehrfach widerlegte Verallgemeinerung.
- Dieser Mythos aus jüngerer Zeit verkennt, dass Kreativitätstechniken nur Werkzeuge sind und eine solche Aussage gleichbedeutend wäre mit "Handwerkskunst besteht nur aus dem Umgang mit einem Hammer". Kreativitätstechniken sind tatsächlich wirkungsvolle Werkzeuge, die in einem bestimmten Feld der angewandte Kreativität, dem kreativen Prozess, zum Einsatz kommen; bereits in diesem Feld aber stellen sie nur einen kleinen Ausschnitt der möglichen Interventionsformate dar. In anderen Feldern (Person, Panorama) und erst Recht in anderen Formen von Kreativität (z.B. Kunst, Design, Erfindung) kommen gänzlich andere Formate und Modelle zum Einsatz.
Literatur
- Michael Luther: Das große Handbuch der Kreativitätsmethoden. Bonn 2013. ISBN 3941965476